Das AMG bekam dieses Jahr die Möglichkeit in Kooperation mit dem Goethe Gymnasium und dem AAG ans CERN, dem Zentrum der europäischen Nuklearforschung, zu fahren. Das federführende Team der Physiker/-innen des Goethe-Gymnasiums – noch einmal vielen Dank an dieser Stelle - hatte noch Plätze frei, und so entstand die Kooperation der drei Gymnasien. Das CERN selbst entstand nach dem 2. Weltkrieg, ebenfalls als Kooperation auf etwas höherem, europäischem Niveau, auf einer grünen Wiese. Mittlerweile blüht dort, in weltweit einzigartiger Fasson, die Wissenschaft, da 12.500 Wissenschaftler und 2.500 Ingenieurinnen über Ländergrenzen und Sprachbarrieren hinweg, perfekt zusammenarbeiten. Bei ihrer Arbeit reizen sie physikalische Grenzen zu 99,9….9 Pro“c“ent aus und verschieben routinemäßig die Grenzen des technisch machbaren. Ergebnisse dieser einzigartigen Kooperation und Kommunikation sind – neben dem kompletten Nachweis aller Elementarteilchen des Standardmodells der Teilchenphysik – die Erfindung des WordWideWeb, des WWW, und auch andere technische Anwendungen, wie zum Beispiel der Computertomographie, die dem ATLAS-Detektor nachempfunden ist. Für ein Jahresbudget von ca. 1,2 Milliarden Euro keine so schlechte Ausbeute.
Am CERN selbst interessierte in den letzten Jahren die Ausbeute der Kollisionsexperimente, genauer die Higgs-Bosonen. Von Nobelpreisträger Higgs, ursprüngliche als „goddam particle“ (verdammtes unauffindbares Teilchen) bezeichnet, wurde es zu „God‘s particle“ - zum Gottes-Teilchen - stilisiert. 2012 wurden – nach ca. 50 Jahren Forschung - am CERN die ersten Higgs-Teilchen und damit das letzte Puzzle-Stück des wichtigen Standardmodells gefunden. Mittlerweile wurde das Zusammenspiel von Beschleuniger, Detektor und Computersoftware so weit perfektioniert, dass 17.000.000 Gottesteilchen nachgewiesen werden konnten. Aktuell ca. pro Sekunde 1.
Um den Schülern die Funktionsweise und Aufgabe des CERN nachzuweisen, erdachten die Wissenschaftler/-innen das perfekte Schülerexperiment um ihre Arbeit zu präsentieren.
Foto: privat
Da der 34 km lange Beschleunigerring des CERN auf - 271°C gekühlt ist, ist dort Trockeneis, bei -80 °C gefrorenes CO2, einfach zu beschaffen. Mit Industriealkohol, Filz, einer Metallplatte und einer transparenten Plastikbox konnten die Schüler im Nu eine Nebelkammer bauen. Der Alkohol, der am oberen Ende der Box aus der Filzmatte verdunstet, bildet bei Kontakt mit der auf -80° gekühlten Luft über der gekühlten Metallplatte Kondensationströpfchen, vergleichbar mit dem Frühnebel in der zu feuchten und zu kühlen Luft eines Regensburger Novembermorgens. Diese Kondenstropfen bilden sich dann vermehrt blitzartig, wenn ein radioaktives Teilchen die Luft um sich herum ionisiert. Genau diese Nebelspuren beobachtet man in der Nebelkammer. Analog kann man oft ein Flugzeug am Himmel selbst nicht genau sehen, wohl aber die Kondensstreifen, die es verursacht. Die Partikel/Abgase, die das Flugzeug ausstößt, bilden in extrem kalter Luft genau die Kondensationskeime für die Kondensstreifen, welche die ionisierten Luftatome für die Nebelspur der radioaktiven Teilchen bilden. So wie es in der Nebelkammer tausende Kondenströpfchen gibt, so gibt es im Hauptexperiment des CERN dem hausgroßen ATLAS-Detektor, hunderttausende Einzeldetektoren, vergleichbar den Tröpfchen, die die Spuren der Elementarteilchen nachzeichnen. Die Magie des Teilchenbeschleunigers besteht darin, bei der Kollision von langweiligen Protonen, durch die Energie der Beschleunigung Energie in Materie umzuwandeln (E=mc²), das heißt neue Elementarteilchen entstehen. Genau diese neue gebildete Materie ist seit 70 Jahren der Untersuchungsgegenstand. Findet man neue Teilchen, so versucht man ihr Verhalten zu verstehen und zu modellieren. (Standardmodell der Teilchenphysik). Beim Higgs-Boson gelang der Nachweis 2012, sein Verhalten muss noch verstanden werden. Das CERN und eine Erweiterung des LHC zum FCC werden also noch gebraucht. Eine gute Nachricht für die Schüler des AMG, da auch in Zukunft noch Fahrten ans CERN möglich sind und weitere Nebenprodukte wie die Erfindungen des WWW noch zu erwarten sind. Um den fortschreitenden globalen Prozess der Wissenschaft darzustellen, steht vor dem CERN-Visitor-Centre das Band der Wissenschaft, ein 15 Meter langes und mehre Tonnen schweres Metallkunstwerk, auf dem alle wesentlichen Beiträge zur Teilchenphysik verewigt sind. Nach den ersten schriftlichen Rechnungen der Menschheitsgeschichte in Mesopotamien treten ganz massiv die alten Griechen mit Diophantos, Ptolemaios, Heron, Hipparchos, Eratosthenes, Archimedes, …. bis Pythagoras in Erscheinung. Die Deutschen sind mit Persönlichkeiten wie Kepler, Planck, Heisenberg und Einstein ebenfalls sehr gut in der Erarbeitung physikalischer Erkenntnisse vertreten.
In diese exklusive Mischung aus Naturwissenschaft und alten Griechen kommt aber nur, wer sich im französischsprachigen Genf und dem eng angrenzenden Frankreich gut verständigen kann. Das CERN hat also nicht nur zu der Kooperation ehemals verfeindeter Länder, sondern auch zur Kooperation „konkurrierender“ Regensburger Gymnasien und auch zur Kooperation der drei am AMG koexistierenden Schulzweige geführt. Wer kann da noch an den Segnungen internationaler wissenschaftlicher Leuchtturmprojekte zweifeln? Die Schüler absolvierten das in jeder Hinsicht anspruchsvolle Programm an diesem Leuchtturm durchwegs mit leuchtenden Augen. Vielleicht ist auch auf sie der Funke übergesprungen und sie bewerben sich im Lauf ihrer Karriere für Praktika, Promotionen oder Anstellungen aller Art am CERN. Gerade deutsche Frauen sind noch etwas unterrepräsentiert und haben daher bessere Chancen...
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Florian Maier